letztes update:

1. Mai 2013

Zürich, Schweiz

______________________

  

aktuelles:

 

23. April 2013

 

MALAYSIA

- Georgetown

- Thaipusam

 

 

16. April 2013

 

Büssli Logbuch 7

 

THAILAND

- Zentralthailand

- Chiang Mai

- Nordthailand

- Südthailand

 

27. März 2013

Heimreise

Reiseroute Zypern

Reiseroute: Gesamtroute

 

17. März 2013

SYDNEY

 

1. März 2013

INDONESIEN

- Java

- Bali & Gili Islands

- Lombok

- Sumatra

- Tauchen

 

NEUSEELAND

 

_______________________

   

2. Februar 2013

FIJI

Mamanucas

Yasawas

Viti Levu

 

TIERISCHE BESUCHER

 

LINKS

 

25. Januar 2013

MALAYSIA

Reiseroute Malaysia

 

22. Januar 2013

Reiseroute Thailand

 

12. Oktober 2012

Weiterreise:

nur noch westwärts

Reiseroute Fiji

Reiseroute Indonesien

 

1. September 2012

Wiedersehen in Fidschi

Tierische Besucher

 

20. Juli 2012

SRI LANKA

Westküste

Safari

Hochland

Kulturelles Dreieck

 

OMAN

Musandam

Salalah

Westdhofar

Ostdhofar

Ostküste

Muscat

Muscat Festival

Capital Area

 

11. Juli 2012

VAE

Abu Dhabi

Dubai

Al Ain

Liwa

Al Dhafra Kamelfestival

 

Büssli Logbuch 6

Büssli Logbuch 5

Büssli Logbuch 4

Büssli Logbuch 3

 

8. Juli 2012

Reiseroute Malaysia

 

7. Juni 2012

IRAN

Nordiran

Teheran

Dasht e Kavir Wüste

Wüstenstadt Yazd

Isfahan

Verhaftung in

  Marenjab

Shiraz & Persepolis

 

TÜRKEI

Texte zur Türkei

Edirne

  Slideshow Ölringen

Kappadokien

  & Heissluftballonfahrt

Nordosttürkei

 

29. Mai 2012

Weiterreise im Sommer

getrennte Wege

 

27. Mai 2012

LINKS zu anderen Reisenden

 

22. April 2012

Wir & unsere Reise

 

10. April 2012

Reiseroute Sri Lanka

 

28. März 2012

Reiseroute

- Oman

- Rucksackreise Sri Lanka

 

18. März 2012

Weiterreise ab arabischer Halbinsel

 

4. Februar 2012

Büssli Logbuch 2

TÜRKEI:

- Südosttürkei

Zentralanatolien

à la Turka

 

8. Dezember 2011

TÜRKEI:

- Westtürkei

- Istanbul

 

6. September 2011

GRIECHENLAND:

Slideshow&Blitzlicht

Athen

Best of Mythen

 

29. August 2011

Fotos Paragliding

 

11. August 2011

Paragliding in Ölüdeniz

 

1. August 2011

Planänderung

 

17. Juli 2011

ALBANIEN

Slideshow&Reisebericht

MAZEDONIEN:

Zu Besuch in einer albanischen Familie

Unveröffentlichter Zeitungsbericht

BOSNIEN:

Im Tunnelmuseum

 

21.6.2011

MAZEDONIEN

 

11.6.2011

Büsslilogbuch

Albanien: Bünkerli, Bünkerli, Bünkerli

Durchreise Kosovo

Reisebericht & Slideshow BOSNIEN

Reisebericht Kroatien

 

2.6.2011

KROATIEN

 

9.5.2011

LJUBLIJANA (Slowenien) 

 

4.5.2010

VENEDIG

 

23.4.2011

Camper-City 

 

19.4.2011

Ade du schöne Schweiz

 

 

 

MAZEDONIEN, 22. Mai - 3. Juni 2011

 

ZU BESUCH IN EINER ALBANISCHEN FAMILIE

 

Dank Merdijan ist im Hause Ameti immer etwas los. Wenn sein Vater Selver mit dem Auto auf der Schotterstrasse in Sichtweite gelangt, sprintet er los um die letzten Meter das Steuer halten zu dürfen. Wenn das Auto steht, fährt Merdijan trotzdem weiter. Einige Knöpfe und Hebel sind bereits Opfer der Überbeanspruchung geworden. Wie alle Ametis schaut Merdijan gerne und viel Fernsehen, am Liebsten Trickfilme. Er spielt auch gerne mit Ball oder Pistole. Nicht nur für Gäste ist er der Showmaster. In der verbleibenden Freizeit ist der Vierjährige ein leidenschaftlicher Velofahrer und vor allem „Parkierer“. Merdijan liebt Ketchup. Mit Brot ohne Rinde, mit Wurst oder auf der Pizza. In der grossen Familie sind alle ein wenig für seine Erziehung zuständig. Er darf fast alles, antiautoritärer Erziehungsstil und Kuschelpädagogik in Reinkultur. Traditionell wird er als jüngster Sohn später und für seine Eltern und Tanten sorgen. 


Selver ist Merdians Vater und das Oberhaupt der siebenköpfigen Familie. Er hat zwei Jobs. Die Schichtarbeit im Busdepot macht ihm nichts aus, in der Nacht kann er dort auch mal ein paar Stunden schlafen. Seit gut zwei Jahren wohnt Selver mit seiner Familie im eigenen Haus. Dafür hat er die Vierzimmer-Stadtwohnung, in der sie zu neunt lebten, verkauft. Noch hat das Haus keine verputze Fassade, Keller und Estrich sind nicht ausgebaut, Geländer für Treppen und Balkon fehlen. Aber der Rasen ist jetzt schon besser als im Wembley. Für seine Söhne wünscht sich Selver eine Zukunft in (den Fussballstadien) Westeuropa(s).

Buci ist Merdians älterer Bruder, gerade mal 14 Jahre, gibt sich aber älter. Bucis Leben besteht aus Schule und Fussball. Und er hilft seinem Vater mit dem Rasen, viele Streicheleinheiten sind der Lohn. Auch sonst steht er hoch in der Gunst seines Vaters. Ich darf mit Buci zu einem Spiel. Seine Mannschaft konnte sich für das Halbfinal der Schülermeisterschaften qualifizieren. Die Stimmung in der Turnhalle ist aufgeheizt. Ein paar Hundert Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen sieben und vierzehn Jahren feuern ihre Teams mit Sprechgesängen leidenschaftlich an. Ein Tor fällt, die eine Mannschaft fühlt sich betrogen. Von den Zuschauerbühnen fliegen die ersten Stifte und Petflaschen aufs Spielfeld. Die anwesenden Lehrer können den Schülermob nicht beruhigen. Die Polizei fährt auf. Die Beamten werden mit Sitzschalen beworfen, das Spiel wird abgebrochen. Buci nimmts gelassen. Tumulte gebe es bei vielen Spielen.


Ibadet ist die Frau Selvers und die Mutter von drei Söhnen. An ihr hängt die Hausarbeit für die ganze Familie. Sie kocht sehr gut, putzt und wiegt Merdijan in den Schlaf. Mehrmals täglich bringt sie Cay, türkischen Tee in Tulpengläsern. Ibadet ist Ezo-Fan. Während der türkischen Serie klebt die Familie besonders gespannt vor dem Fernseher, das Beten wird verschoben. Alle Männer lieben Ezo wegen ihren schönen grünen Augen, darum gehe es in der Serie, erklärt Ibadet. Bei den Kussszenen schaltet sie beschämt um. Ibadet trägt immer ein Kopftuch. Sie findet, albanische Männer sollten mehr im Haushalt helfen.

Mevlude war lange ledig. Nach ihrer kurzten Ehe lebt sie, wie es die Tradition will, als kinderlose Witwe wieder im Haus ihres jüngsten Bruders Selver. Mevlude hat etwas schlitzohriges, verspieltes. Sie wirkt aber oft traurig. Sie schläft jeden Tag bis elf.

Jusuf ist Selvers und Ibadets ältester Sohn. Er ist der bunte Hund der Familie. Sprayer, Rapper und ambitionierter Fussballer in Personalunion. Er besucht die albanische Sportschule, lernt aber zu wenig, findet sein Vater. Jusuf hat auf den Wänden in der Nachbarschaft seine Spuren hinterlassen. Dass er sogar mit der Erlaubnis und dem Geld seines Vaters Graffitis im eigenen Zimmer und auf die Hauswand sprayt, finden wir bemerkenswert. Jusuf will Fussballprofi werden, wenn das nicht klappt, könnte er wohl als Goldschmied im Geschäft der Familie seiner Mutter einsteigen.

Mejlan ist Selvers jüngste Schwester. Sie lacht viel und ist besonders stark in Merdijan vernarrt. Sie ist die einzige Frau im Haushalt ohne Kopftuch. Weil sie es bei der Arbeit als Lehrerin sowieso nicht tragen dürfe, sagt sie. Sie ist mit ihrem Einkommen eine wichtige Stütze für die Familie. Wie Mevlude hat sie kein eigenes Zimmer, sie schläft auf dem Sofa im Wohnzimmer. Mejlan findet, dass viele westeuropäische Männer sich nur für ihren Beruf interessieren würden und gefühlskalt seien. Die Angst, dass sich diese Mentalität auch bei den Albanern durchsetzt, ist vorhanden.

 

Die Gasfreundschaft der Familie Ameti ist überwältigend. Wir werden Tag für Tag kulinarisch verwöhnt. Die ganze Verwandt- und Bekanntschaft wird aufgeboten, um den Gästen ihre Ehre zu erweisen. Als erstes werden wir überall nicht etwa nach unserem Beruf oder unserer Ausbildung gefragt, sondern nach dem Wohlergehen von Vater, Mutter und Geschwistern. Die eine Frau hat grosses Mitleid mit meinem Mami, da ich nicht mehr zu Hause wohne. Wir werden praktisch als neue Mitglieder in die Familie aufgenommen. Obwohl sie es ziemlich ungewöhnlich finden, dass wir in einem Auto wohnen, scheinen sie es nicht zu werten. Der Respekt gegenüber uns aber auch die gegenseitige Toleranz innerhalb der Familie beeindruckt uns. 

 

 

Nicht veröffentlichter Zeitungsartikel über die Wahlen in Mazedonien.

 

 

JOBSUCHE IN MAZEDONIIEN: WÄHLEN STATT BEWERBEN


Trotz fadem politischem Leistungsausweis dürfte bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in Mazedonien alles beim Alten bleiben. Mitverantwortlich ist der ausgeprägte Klientelismus.

Rhythmisch schlägt Bekim Amiti das Hufeisen in seine Form. Albanische Folklore untermalt das metallische Scheppern. Bekim hat sich im Keller seines Hauses etwas ausserhalb von Skopje eine Werkstatt eingerichtet. Wie sein Vater vor ihm verkauft er zweimal pro Woche die Hufeisen auf dem Markt. Ein Nebenjob für den Mazedonier albanischer Abstammung, der eine siebenköpfige Familie zu versorgen hat. Zusätzlich arbeitet er im Depot der städtischen Busse. 350 Euro zahlt ihm die Stadt im Monat. „Ich werde niemanden wählen“, sagt Bekim und seine blauen Augen zeigen Entschlossenheit. Er glaubt nicht mehr an das politische System und deren Vertreter. „ Immer wieder dieselben Personen, die schon zuvor versagt haben.“

Tatsächlich beeindruckt der Leistungsausweis der amtierenden Regierung um Premierminister Nikola Gruevski von der konservativen VMPRO nicht besonders. Der lächerlich anmutende Namensstreit mit Griechenland konnte noch immer nicht beigelegt werden und dementsprechend sind die Beitrittsverhandlungen mit der EU und vor allem jene mit der Nato ausgesetzt. Das mehrere hundert Millionen Euro teure „Projekt 2014“, welches im Stadtkern von Skopje unter anderem den Bau von Statuen Alexander des Grossen, einer Kirche und des Verfassungsgericht im griechischen Stil vorsieht, hat nicht nur bei der albanischen Minderheit Proteste ausgelöst. Zuletzt hat die von Gruevski angeordnete Sperrung der Konten eines privaten TV Senders zum Austritt der Oppositionsparteien aus dem Parlament und damit zur politischen Blockade geführt. Gründe genug, um die Regierung bei den Wahlen abzustrafen, könnte man meinen. Will man aber den Umfragen glauben, wird Gruevskis Partei die Parlamentswahlen wieder gewinnen können. Sie liegt weit vor den oppositionellen Sozialdemokraten und den beiden grössten albanischen Parteien.

Bekim stanzt die Löcher für die Nägel in das Hufeisen. „Der Staatsapparat dient in Mazedonien als Instrument zur Bereicherung der Herrscher und ihres Klientel.“ Alle begehrten Posten egal ob in Politik oder Wirtschaft seien eng mit den politischen Parteien verknüpft. „Ich habe einen Job, eine Familie und ein Haus, ich muss meine Stimme nicht verkaufen“, sagt Bekim. Seine Söhne sollen das auch nicht tun müssen. Bekim hofft, dass sie den Sprung nach Westeuropa schaffen.

Blerta Veseli würde Skopje nie verlassen. Sie ist eine attraktive Frau, ihr Lachen strahlt Zuversicht aus. „Ich wünschte es wären jeden Tag Wahlen. Es ist eine besondere Dynamik, eine Aufbruchsstimmung zu spüren“, sagt die 25jährige Medizinstudentin. Sie wird wählen, gibt sich allerdings bedeckt welche Partei es sein wird. Die Entscheidung kann für sie folgenreich sein, denn Blerta würde nach ihrem Studium gerne in der Klinik in Skopje arbeiten. „Die Stellen sind sehr begehrt, nur wenn ich den politischen Siegern angehöre, habe ich eine Chance“, sagt sie ernst und nippt an ihrer Cola. Dass die Parteizugehörigkeit eine zwingende Voraussetzung für den beruflichen Erfolg ist, empfindet sie als normal. „Das ist Teil des Spiels“, meint sie lapidar. Sie hört sich so an als seien für sie die politischen Inhalte einer Partei nebensächlich. Dabei vertritt Blerta klare politische Positionen: „ Mazedonien sollte seinen Namen ändern und damit dem kindischen Streit mit Griechenland endgültig ein Ende setzen. Dann ist ein Beitritt zur Nato wahrscheinlich und das Land würde attraktiver für ausländische Investoren.“ Den Versuch mit Statuen eine nationale Identität zu konstruieren findet sie für eines der ärmsten Länder Europas reine Geldverschwendung. Doch das zählt momentan nicht, wichtig ist zu gewinnen. Am Sonntag wird Blerta wissen, ob sie im Rennen um ihre berufliche Zukunft auf das richtige Pferd gesetzt hat.

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0