BÜSSLI LOGBUCH 7
Nach vier Monaten Campingpause kehren wir im Oktober von unserem Pazifikabstecher zurück zum Büssli. Dieses hat die lange Wartezeit gut überstanden. Ruby hat es bestens versorgt und täglich den Motor gestartet. Die grosse Portion Mief, die uns entgegenschlägt, konnte sie allerdings nicht verhindern. Doch nicht nur die feuchte Tropenluft hat sich im Büssli eingenistet. Unsere Abwesenheit wurde auch von allerlei Ungeziefer schamlos ausgenutzt. So starten wir unsere Thailandreise mit einem Flohzirkus, diversen Ameisenkolonien in allen Grössen und einer Kakerlakenfamilie im Gepäck. Manche unserer ungebetenen Gäste sind so bescheiden, dass sie sich mit einer Residenz zwischen zwei Buchseiten zufrieden geben. Wir sind wohl auch die Schuldigen, wenn sich Europa demnächst über die illegale Einfuhr von Miniameisen und Monsterkakerlaken beklagt.
Inspiriert vom Leben auf dem Segelboot rüsten wir das Büssli auf und basteln eine fünf Meter lange, ausziehbare Aussenbeleuchtung. Obst und Gemüse sind neuerdings in Hängekörbchen versorgt. Diese schaukeln während der Fahrt mit und unsere Tomaten und Mangos zermantschen nicht mehr. Zudem haben wir unseren Wohnraum durch einen gemütlichen Aussenpavillion erweitert. Dieser hält uns abends alles was ‚kreucht und fleucht‘ vom Leibe. Damit wir nachts besser schlafen, sorgt ein starker Ventilator für kühle Luft.
In Asien einen gebührenden Ersatz für unsere maroden Stühle zu finden, haben wir aufgegeben. Deshalb wurde der Aktionsplan ‚Rettet die Stühle‘ ins Leben gerufen. Die Sitzflächen sind nun mit Wäscheleine verstärkt, ein Kissen erhöht den Sitzkomfort und schont zugleich den hauchdünnen Stoff.
Wir finden zwar keine Stühle, dafür können wir in Thailand endlich unsere Gasflasche auffüllen und unseren veralgten und undichten Wassertank ersetzen. Zudem statten wir das Büssli mit fünf neuen Michelin Reifen aus.
In Südostasien gestaltet sich die Plätzchensuche etwas anders als bisher. Zum ersten Mal benutzen wir GPS Koordinaten von anderen Reisenden, die hin und wieder sehr hifreich sind. Wir schlafen öfters vor Tempeln oder im Garten eines Gästehauses, wo wir sogar den Luxus eines Badezimmers geniessen dürfen. In den Nationalparks gibt es eingerichtete Campingplätze, wo wir als einzige Gäste kostenlos übernachten dürfen. Es gibt viele einsame Festlandstrände, die sich hervorragend zum Campen eignen.
In Asien treffen wir so viele Gleichgesinnte, wie auf der ganzen Reise nicht. Wir sammeln fleissig Traveller Visitenkarten und tauschen Erfahrungen aus. In Thailand stossen wir sogar auf
einen Overlander Stellplatz, an dem sich das verstaubte Büssli allerdings etwas minderwertig fühlt. Kein Wunder bei einem 20 Tonnen schweren, hochmodernen Laster in der Nachbarschaft. Doch nicht
nur das Büssli fühlt sich ‚minderwertig‘. Auch wir können mit unseren bescheidenen zwei Reisejahren auf dem Buckel nicht mit den eingefleischten Langzeitreisenden mithalten. Die Rekordhalter
tuckern bereits seit sieben Jahren durch die Weltgeschichte.
In Thailand erleben wir einige brenzlige Verkehrssituationen. Die Verkehrsführung zwingt einen teilweise zu haarsträubenden Manövern. Die U-turns auf den Autobahnen finden wir kriminell. Als wir einmal auf der Autobahn wenden wollen, knallt ein Kamikaze Thai mit seinem Rückspiegel in die Seite des Büsslis und gerät ins Schleudern. Zum Glück passiert nichts! Wir kommen mit einem Schrecken und das Büssli mit einer kleinen Beule davon.
Eigentlich wollten wir mit unserem Büssli noch nach Laos und Kambodscha. Doch als wir an der laotischen Grenze stehen, stellen wir fest, dass wir uns nicht wie sonst vor einem Grenzübertritt etwas aufgeregt auf weitere Abenteuer freuen, sondern beide viel mehr Lust hätten, nach Hause zu reisen. Auch die steilen Pisten in Laos bereiten uns etwas Sorge. Wir kehren einfach um.
Ein paar Tage später erweist sich unsere Entscheidung als richtig. Die Bremsen des Büsslis rumpeln erst und geben dann komplett den Geist auf. Die vorderen Scheibenbremsen sind spröde und zerbröseln uns zwischen den Fingern. In ganz Thailand gibt es keinen Ersatz und eine Bestellung aus Europa kann Wochen dauern. Deshalb lässt unser Mechaniker massgeschneiderte Bremsbeläge von Hand angefertigen und wir können unsere Heimreise fortsetzen.
Doch nicht nur unser altbekanntes Bremsproblem hat sich zurückgemeldet. Diverse alte Wewehchen machen sich wieder spürbar. Aus Mangel an Ersatzteilen wurde bisher alles provisorisch und improvisiert repariert. Die meisten Sorgen bereitet uns das stockende Getriebe. Wir sind deswegen bereits einmal stehen geblieben. Ein wenig Getriebeöl nachfüllen hat kurzzeitig geholfen, jedoch ist damit das Problem noch nicht gelöst.
Mittlerweile sieht unser Büssli ohnehin etwas abgekämpft und verstaubt aus. Wir beschliessen dass unser Reisegefährte nach fast zwei Jahren eine Wellnesskur
reichlich verdient hat. So lassen wir den Bus in Georgetown komplett entrosten und neu lackieren.
Auf Penang treffen wir mit Dino und Fabia zwei weitere Schweizer Overlander. Sie bringen uns auf die Idee den Bus von Georgetown statt von Kuala Lumpur aus
nach Istanbul zu verschiffen. Dank ihren guten Kontakten geht alles sehr schnell. Innerhalb von vier Tagen ist das Büssli im Container verstaut und wir sitzen bereits im Flieger nach
Zypern.
Einige Schwierigkeiten gibt es beim Einparken in den Container. Ganz so eng hatten wir das ganze Manöver dann vom letzten Mal doch nicht in Erinnerung. Weil wir nicht gerade vor den Container
fahren können, wird unser Büssli mit dem Gabelstapler in Position gebracht. Der dicke Chinese weigert sich zuerst das Büssli anzuleinen, er könne sich unmöglich durch den kleinen
Zwischenraum, der übrig bleibt, aus dem Container zwängen. Schliesslich können wir ihn aber davon überzeugen, dass der Inder, der das Büssli das letzte Mal verkeilt und angeleint hat einen noch
viel stattlicheren Bauch hatte.
Zur Zeit macht unser Bus gerade in Kairo Zwischenstation und wird hoffentlich demnächst, mit fast zwei Wochen Verspätung, in Istanbul eintreffen. Von dort aus werden wir dann die letze Etappe unseres Heimweges über die Balkanländer in Angriff nehmen.
Vorher werden wir in der Türkei eine gute Werkstatt suchen, die das Büssli hoffentlich ausreichend auf seinen baldigen Vorführtermin in der Schweiz vorbereitet.
Kommentar schreiben